Sonntag, 22. August 2010

Buchausschnitte.

Es gibt viele verschiedene Sorten von Menschen. Einmal die, die dich vom ersten Moment an verzaubern. Die Wundervollen, Perfekten. Die, die man um keinen Preis hergeben will. Die, die immer für dich da sind. Die, die auch in Zeiten der Dunkelheit ein Lichtlein für dich anzünden und deine Hand halten, wenn es scheint, dass du alles verlierst. Die, die für dich da sind, auch, wenn du mal wieder alles gegeben hast, um sie zu verlieren. Deine Familie. Die Menschen, denen du dein Herz schenkst. Die, die du liebst.
Und dann gibt es da die Verrückten und Durchgeknallten, die Witzigen und Lauten.
Ab und zu trifft man auch auf Menschen, in deren Gesichtern eine Magie geschrieben steht, die dich verzaubert. Freunde. Menschen, denen du vertrauen kannst. Denen du blind dein Herz überlässt.
Und ein einziges Mal gibt es die Begegnung, die dich vom ersten Augenblick an sprachlos macht, dich fesselt und nie wieder los lässt.
So ist es, wenn man der Liebe begegnet. Atemberaubend und schön.
Und es gibt die Seelen, die wir niemals richtig kennen lernen. Gesichter, die täglich in einem bunten Strom an uns vorbeischwimmen. Die, die du nur flüchtig oder am Rande wahrnimmst. Und doch sind sie da. Und vielleicht könnten sie sogar zu etwas ganz Besonderem in unserem Leben werden. Vielleicht würde unser Leben gerade von ihnen auf den Kopf gestellt. Doch wahrscheinlich bedeuten diese Gesichter – diese Seelen – irgendeiner anderen Seele auf dieser Welt einfach alles.
Vielleicht verpassen wir die Chance unseres Lebens, wenn wir sie an uns vorbeiziehen lassen. Wir sind einfach zu feige, um sie anzusprechen, haben Angst davor zurückgewiesen zu werden. Die Frage, ob sie schon ein Gegenstück gefunden haben, treibt uns in den Wahnsinn und niemals werden wir erfahren wer sie sind.
Und dann gibt es die, die leider viel zu oft existieren. Die Falschen und Linken, die Hinterhältigen und Bösen. Die, die ich hauptsächlich favorisiere und anziehe.
Und dann gibt es da noch die, die anders sind.
Ein besonders gelungenes Exemplar davon bin ich.

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Alia hatte sich wieder in die hinterste Ecke des Zimmers zurückgezogen und begutachtete mich wachsam. Der Grund für ihre Verschwiegenheit war der, dass ich versuchen sollte zu schlafen. Ihren Humor müsste man haben. Schlafen, pff.
Jetzt, wo ich noch mehr durcheinander war als ohnehin schon.
„Alia?“, flüsterte ich.
Ein Brummen kam aus der Ecke.
„Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“
„Solange es nicht um irgendwelche Morde geht, klar.“ Sie holte einmal tief Luft.
„Ich würde gerne David sehen“, flüsterte ich. Er war mein einziger Trost.
Alia hatte die Rollladen runter gemacht, sodass das Zimmer komplett in Dunkelheit gehüllt war, doch ich glaubte trotzdem, ein Lächeln auf ihren Lippen durch das Schwarz des Zimmers zu erkennen.
„Gerne, Mia. Sehr gerne“, antwortete sie. Im Moment darauf fiel ein kleiner Lichtstrahl ins Zimmer. Die Tür öffnete sich, dann war es wieder dunkel.
Ich lauschte angespannt Alias Schritten auf der Treppe, die nach dem Telefon suchte und wahrscheinlich in der Hoffnung war, dass David mich zurück ins Leben holen würde.
Früher oder später würde ich auch ihn bitten müssen, mich zu töten.
Das hatte Zeit – aber nicht ewig.
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„Weißt du, alles was ich will, ist, dass du glücklich bist, dass du dein Leben unabhängig von deinem Schicksal leben kannst, dass du Kinder bekommst., alt wirst und irgendwann deinen Enkelkindern deine Geschichte erzählst. Ich möchte, dass du weißt, wie es ist, das Glitzern in ihren Augen zu sehen, weil sie so fasziniert sind von dem was du sagst, obwohl sie glauben zu wissen, dass du ihnen Phantasiegeschichten auftischst. Ich möchte von irgendeiner Wolke herabblicken und sehen wie du ihnen unsere Geschichte erzählst. Ich will dein Lächeln sehen, dein bezauberndes Lächeln, das sich auf deinem Gesicht ausbreitet – so süß und wissend. Im Wissen darüber, dass du nicht mit ihnen dort sitzen würdest, wenn du anders gehandelt hättest und in dem Wissen, dass du alles richtig gemacht hast.“ Er hielt kurz inne und lauschte meinem Puls.
„Das wäre mein Paradies.“
Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie man tief durch die Nase einatmete. Panisch klopfte ich gegen meinen Brustkorb.
Jonathan zog mich sanft zu sich aufs Bett. Ich legte meinen Kopf an seine Brust und beruhigte mich langsam wieder.
„Denk so etwas bitte nicht.“, wimmerte ich. „Du darfst mich nicht alleine lassen.“
„Ich werde dich niemals hier zurücklassen, Mia. Niemals.“, flüsterte er leise und ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals.
„Nicht wenn du nicht ausdrücklich danach verlangst.“
„Wie könnte ich meinen Tod verlangen?“, hauchte ich.
Er lachte düster.
„Wie könnte ich mein Leben schutzlos zurücklassen?“ Seine Stimme drang nachdenklich zu mir vor.
„Weißt du, Mia. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich deinen Tod bedeute. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich zu schwach bin. Ich kann stark sein.“, sagte er und ich spürte, dass er sich sicher war.
Seine Worte lösten in mir einen elektrischen Impuls aus, der mich kurz erstarren ließ. Der Gedanke, dass ich in den Armen meines Mörders lag erschrak mich nicht. Er hatte mich noch nie erschreckt. Wie konnte man seinem Geliebten böse sein, wenn das Einzige, was man ihm geben konnte seine Seele war, auch wenn es den Tod bedeutete? Wenn Gott einem die Liebe schenkte, wie konnte man sie ablehnen? Wie konnte man davonrennen und fliehen, wenn man wüsste, dass dieses Handeln ebenso den Tod bedeuten würde?
Nichts konnte grausamer sein als durch den Geliebten zu sterben. Und ich konnte mir auch bei weitem nichts Schöneres vorstellen.

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Das gleiche Problem habe ich auch andauernd.
Weißt du, wenn du dich verliebst, dann ist es wahrscheinlich sowas wie 'wow' oder so. Nur leider kommt das eben viel zu selten vor. Wahrscheinlich liegt das sogar an diesem Apfelprinzip. Vielleicht.
Aber wenn du dich eines Tages Hals über Kopf in diesen einen Jungen verliebst, dann sei voll und ganz dabei.
Ich kenne diese Situation mit der Angst nur allzu gut.
Aber ganz ehrlich? Wenn du Angst hast, dann liebst du ihn nicht.
Es dauert bis der Richtige kommt. Wochen, Monate, in den meisten Fällen auch Jahre. Ich habe mich irgendwie schon mit der Vorstellung angefreundet.
Zwar bin ich ab und zu verliebt und meine wahrhaftig, dass es der Eine ist.
Aber bis jetzt lag ich immer falsch.
Ich muss doch erst einen großen Haufen Enttäuschungen kassieren, bevor ich ihn treffe. Ich glaube, ich möchte ihn jetzt nicht einmal kennen.
Vorher möchte ich viel erleben, um mir später wirklich sicher zu sein.
Wenn man mit offenen Augen durch die Gegend rennt, und nur ihn sucht, dann findet man ihn nicht.
Oft muss man die Augen schließen, um klarer zu sehen.
Und wer weiß, vielleicht renn ich irgendwann mit geschlossenen Augen gegen eine Straßenlaterne und er ist der, der mir ein Kühlakku für die Beule an meinem Kopf besorgt.
Vielleicht läuft es bei dir ähnlich ab.

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Das Grau des Himmels lag sanft und schwerelos über unseren Köpfen. Es gewährte nicht einen einzigen Blick auf die Sonne, die seit langer Zeit völlig aus meinem Leben verschwunden war.
Drei Monate war es her. Drei Monate seit …
„Seit er ging.“, zwang ich mich meine Gedanken zu sprechen.
Ich musste David nicht anschauen, um mich zu vergewissern, dass er mich genervt ansah. Er hatte es mit der Zeit aufgegeben, mitleidig zu wirken.
„Ich fasse es einfach nicht.“, murmelte er neben mir. Ich wusste, dass er nicht darauf aus war, mit mir eine weitere Diskussion zu führen. So wie wir es seit drei Monaten taten, wenn wir alleine waren.
„Was?“, flüsterte ich.
„Weißt du, Mia, es reicht. Das Fass ist voll.“, fing er an. Es lief wieder darauf hinaus, worauf es immer hinaus lief. „Du kannst nicht für immer so weiter machen.“
„Doch, ich kann.“ Es war aussichtslos, dass er mich irgendwann mal verstehen würde. Keiner konnte das. Niemand fühlte das, was ich fühlte. Niemand konnte auch nur ahnen, was in mir vorging.
Er atmete tief aus.
„Weißt du, ich habe keine Lust mehr, mir deine ekelhaften Depressionen mit anzuschauen. Ich will nicht länger dein unsichtbarer Freund sein. Ich will nicht der sein, der jeden Tag mit dir hier sitzt. Der, der versucht, dich zurück ins Leben zu holen, Mia. Ich will doch nur, dass du zurückkommst.“ Jetzt klang er niedergeschlagen. Und tatsächlich glitzerte eine Träne in seinen Augen.
„Aber ich bin doch hier.“, hauchte ich. Es war ein schlechter Trost, denn es klang niedergeschlagen. Er wusste, dass ich am liebsten woanders wäre.
„Aber das willst du nicht.“, sprach er meine Gedanken aus.
„Nein.“, gab ich zu.
„Aber wo willst du dann hin, Mia? Sag es mir doch. Ich bringe dich dorthin.“ Das war das, was ich mir so sehr wünschte. Dass diese Lüge endlich Wahrheit werden würde, dass er mich wirklich dorthin bringen könnte. Zu ihm.
„Ich möchte bloß bei ihm sein.“ Es war nur noch ein Schluchzen. So sehr hatte ich mich in den letzten Monaten bemüht meine Gefühle nach innen zu kehren, sie um Nichts Preis zu geben und jetzt kam es mir auf einmal so sinnlos vor, mich noch weiter darum zu bemühen, dass ich stark aussehen musste, denn das war ich nicht. Vielleicht war ich es nie gewesen. Wer wusste das schon? Wer wusste, weshalb das alles geschah?
„Ich verstehe es nicht.“, wiederholte er.
„Ich weiß“, flüsterte ich zaghaft und schlang meine Arme um Davids Körper.

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Nur ein paar meiner Lieblingsausschnitte aus meinem Buch. Habe eben wieder ein bisschen angefangen zu schreiben und bin auf diese Stellen gestoßen .. Ohje, ich fang schon wieder an zu träumen.

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